von Benedikt Sommer
Immer wieder erreichen uns Anfragen zum Thema Vogel- und Fledermausschlag an Windkraftanlagen. Gleichzeitig werden über verschiedene Medien unvollständige und falsche Informationen zu diesen Themen verbreitet. Deshalb haben wir nachfolgend die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte bzw. Antworten auf die häufigsten Fragen zusammengefasst.
Auf der Homepage der Energieagentur (https://www.windenergie-landkreis-muenchen.de/Fakten) finden sich unter “Artenschutz” folgender Hinweis auf die Notwendigkeit einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP):
“In Bayern wird die Prüfung, ob einer Windenergieanlage die artenschutzrechtlichen Verbote nach § 44 BNatSchG entgegenstehen, als spezielle artenschutzrechtliche Prüfung – saP – bezeichnet. Zugrunde liegen die in § 44 Bundesnaturschutzgesetz festgeschriebenen Zugriffsverbote.”
Mit keinem Wort wird erwähnt, dass es in dem Gebiet schon eine Untersuchung gab. Das Landschaftsschutzgebiet Ebersberger Forst wurde im Auftrag des Landratsamts von unabhängigen Gutachtern auf die Möglichkeiten zur Zonierung für die Errichtung von Windkraftanlagen untersucht. Das Gutachten wurde veröffentlicht und liegt uns vor. Dort heißt es in der Zusammenfassung:
“Nach unserer gutachterlichen Einschätzung ist eine Zonierung des 1.645 ha großen Untersuchungsgebietes von 2019 innerhalb des LSG Ebersberger Forstes für die Zwecke der Windenergienutzung auf Basis der vorliegenden Daten zu Vorkommen von Fledermäusen und Vögeln nicht sinnvoll möglich.”
Wenig wahrscheinlich, dass eine saP heute zu einem deutlich anderen Ergebnis käme.
Weiter findet sich auf der genannten Seite folgende Auflistung:
“Mögliche Maßnahmen zum Schutz von Vögeln und Fledermäusen
Daran fällt auf:
In der Vergangenheit wurden die Zahlen von an Windkraftanlagen verendeten Vögeln immer wieder mit den Opfern von Scheibenanflug, Hauskatzen und Straßenverkehr verglichen. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass dieser Vergleich nicht geeignet ist, um die tatsächlichen Auswirkungen auf unser Artenspektrum darzustellen:
Bei den in unserer häuslichen Umgebung getöteten Vögeln handelt es sich zum allergrößten Teil um Singvögel. Die haben sich als
Kulturfolger an Lebensräume im Siedlungsbereich weitgehend angepasst. Einer ihrer Vorteile: unsere heimischen Singvögel haben beachtliche Vermehrungsraten. Ein Meisenpaar kann in einem einzigen Sommer durchaus 20 Nachkommen großziehen. So ist es diesen Arten gelungen, bis heute die großen Verluste an Fensterscheiben und im Straßenverkehr und auch durch Hauskatzen und Nesträuber zu kompensieren. Singvögel fliegen meist im Bereich der Baumkronen, also in Höhen von 0 bis 20 m und sind deshalb von Windkraftanlagen nicht bedroht.
Anders sieht es bei den Großvögeln aus: Die Population unserer Weißstörche wächst bayernweit und im Landkreis wieder langsam an. Vereinzelt siedeln sich Schwarzstörche an und wurden auch im Ebersberger Forst schon gesichtet. Auch bei den Greifvögeln sind erfreuliche Fortschritte erkennbar: Immer öfter sehen wir im Landkreis Rotmilane kreisen. Das Sachverständigengutachten, das das Landratsamt in Auftrag gegeben hat, hat Vorkommen von Wespenbussarden im Ebersberger Forst nachgewiesen. Trotzdem sind diese Arten bei uns extrem selten und brauchen Schutz und Unterstützung, um überhaupt zu überleben. Großvögel können, anders als die Meisen, pro Jahr nur einen, oder wenige Jungvögel großziehen. Im natürlichen Umfeld ist das für die Arterhaltung vollkommen ausreichend, da große Vögel wenige natürliche Feinde haben und sehr alt werden können. Deshalb haben sie natürlicherweise genügend Zeit, sich fortzupflanzen. Da es insgesamt nur noch wenige Individuen dieser Arten bei uns gibt, ist auch die Gesamtzahl der jährlich flügge werdenden Jungvögel sehr niedrig. Auch geringe Verluste durch menschlichen Einfluss wie z. B. Straßenverkehr oder Windräder sind deshalb fatal.
Die große dunkle Fläche des Forsts heizt sich bei Sonneneinstrahlung schnell auf. Die aufsteigende Warmluft bildet Thermiksäulen, die Großvögel gerne nutzen, um sich ohne großen Energieaufwand in die Höhe zu schrauben. Und damit kommen sie in den Einflussbereich der Rotorblätter. Bedingt durch den großen Durchmesser der Rotoren erreichen die Rotorblätter an ihren Spitzen deutlich mehr als 300 km/h. Solche Geschwindigkeiten treten im natürlichen Umfeld der Vögel nicht auf. Deshalb sind sie auch nicht in der Lage, die tödliche Gefahr rechtzeitig zu erkennen und auszuweichen.
Überspitzt formuliert: es verenden vermutlich genauso viele Meisen an Windrädern, wie Schwarzstörche durch Hauskatzen getötet werden.
Zu der Kollisionsgefahr kommt die Stör- und Scheuchwirkung hinzu. Die Gefahrenquelle im Habitat vergrämt die hier lebenden Großvögel und Fledermäuse und führt dazu, dass bisher besetzte Reviere, sichere Winterquartiere, bebrütete Horste und geschützte Wochenstuben aufgegeben werden. Der Ebersberger Forst verliert damit einen großen Teil seiner Bedeutung als naturnaher Lebensraum und wertvolles Habitat – weit über den tatsächlich bebauten Bereich hinaus!
Die Windräder im Forst haben gravierende und weitreichende Auswirkungen auf die Vorkommen von Vogel- und Fledermausarten in einem besonders sensiblen Lebensraum. Das ist bereits gutachterlich bestätigt. Wirksame Maßnahmen, die Risiken zu minimieren oder Schäden zu kompensieren, wurden bisher nicht aufgezeigt. Werden die Planungen trotzdem weiterverfolgt, bedeutet dies, dass der Verlust der geschützten, im Forst lebenden Arten billigend in Kauf genommen wird.